Freundschaftspflege trotz Kind

Hast du auch noch andere Hobbys außer Kinder?

Es gab eine Zeit in meinem Leben, da antwortete ich auf die Frage: „Kommst du morgen mit ins Kino?“, oder „Bist du am Samstag beim Cocktailtrinken dabei?“ spontan mit „Ja!“. Das war vor Emmas Geburt. Und es gab eine Zeit, da kam von mir ausschließlich ein „Nein, ich kann leider nicht.“ Das war nach Emmas Geburt vor zwei Jahren. Heute antworte ich mit „Lust hätte ich schon, aber ich muss erst mal mit Jan sprechen, ob er rechtzeitig zu Hause ist. Und außerdem habe ich das Gefühl, Emma bekommt einen neuen Zahn, dann ist sie immer so anhänglich. Ich kann dir leider echt keine feste Zusage machen.“ Dass sich das Leben verändert, wenn man Kinder bekommt, wusste ich (wenn ich auch nicht ansatzweise ahnte, wie gewaltig diese Veränderung ist!). Dass sich dadurch aber auch Freundschaften verändern, teilweise sogar in die Brüche gehen, das hatte ich nicht vorhergesehen. Als Schwangere konnte ich noch überall dabei sein, die Cocktails waren dann eben ohne Alkohol. Ja, ich hielt mich für richtig cool, trotz Babybauch die Partys meiner Freunde genauso spät zu verlassen, wie alle anderen. Und ich dachte allen Ernstes, wenn das Baby erst mal da ist, würden wir es einfach überall mitnehmen. Weshalb auch nicht?

Dann war es da. Und alles anders. Irgendwas hatte sich in meinem Kopf gedreht und meine Gedanken kreisten fast ausschließlich nur noch um dieses winzige Wesen. Dementsprechend eng waren auch meine Gesprächsthemen: Welche Schnullerform ist die beste? Was tun, wenn der Windelpopo wund ist? Soll das Baby alleine einschlafen? Mit anderen jungen Müttern konnte ich mich stundenlang darüber unterhalten, ob Stoffwindeln oder Wegwerfwindeln besser sind. Dagegen interessierte es mich nur sehr mäßig, welche neue Ausstellung gerade eröffnet wurde oder wie günstig ein Trip nach Barcelona angeboten war. Telefonate mit Freundinnen musste ich abrupt beenden, weil das Baby zu weinen anfing und wenn es spät am Abend endlich eingeschlafen war, überkam auch mich eine bleierne Müdigkeit, die mich weg vom Telefon und hinein in mein Bett trieb. Die Anrufe meiner Freunde wurden kürzer und im Laufe der Zeit immer seltener. So richtig bewusst wurde mir das allerdings erst, als Klein-Emma aus dem Gröbsten raus war und ich endlich wieder den Blick über den Kindertellerrand hinauswerfen konnte.

Von der 24-Stunden-Mutter zurück ins Leben
Mir dann ein Stück eigenes Leben zurück zu erobern war allerdings gar nicht so einfach. Zum einen musste ich meine Freundinnen und Freunde davon überzeugen, dass ich ab jetzt wieder als Gesprächs- und Freizeitpartner zur Verfügung stehe, zum anderen musste ich mir immer wieder versichern, dass mein Kind mich zwar braucht – aber nicht rund um die Uhr. Dazu gehörte es auch, mich daran zu erinnern, dass dieses Kind einen real existierenden und anwesenden Vater hat, der es genauso gut ins Bett bringen kann, wie ich. Oder fast so gut. Zumindest anders. Und schließlich das Ergebnis zählt, nämlich ein friedlich schlafendes Kind.

Zu Anfang fiel es mir noch schwer, meine Gedanken für ein paar Stunden von zu Hause und von Emma zu lösen. Ich saß mitten in der angesagten Szenekneipe und überlegte, ob Jan daran gedacht hatte, unserer Tochter einen frischen Schlafanzug anzuziehen. Und auf die Urlaubspläne meiner Freundin, die quer durch Asien reisen wollte, antwortete ich: „Und ich muss morgen zum Kinderarzt. Emma hustet seit zwei Tagen so seltsam.“ Glücklicherweise hatten meine wirklichen Freunde Nachsicht mit mir und so langsam aber sicher eroberte ich mir wieder ein Stück eigenes, nämlich kinderfreies Leben. Ging mit Christine ins Kino oder am Sonntagnachmittag mit Theo und Sandra ins Museum, traf mich mit alten Schulfreunden zum Schlittschuhlaufen und verabredete mich mit meiner Schwester in unserem Lieblingscafé. Ich merkte regelrecht, wie mein Geist aufblühte, wie mein Hirn Nahrung bekam und wie gut mir das alles tat. Ein Teil von mir ist Mutter mit Herz und Seele. Aber es gibt eben auch noch den anderen Teil. Den, den es lange schon gab, bevor ich ein Kind hatte. Und es ist wichtig, diesen Teil nicht aufzugeben oder erst dann wiederzubeleben, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Es macht zufriedener, es erhält Freundschaften und es schafft einen super Ausgleich zum oft kräftezehrenden Familienleben. Frauen tun sich dabei viel schwerer, die Mutterrolle zeitweise zu verlassen und eigenen Interessen nachzugehen. Oder haben Sie schon mal gehört, dass ein Mann, der Vater geworden ist, deshalb sein Fußballtraining aufgibt? Aber höchstwahrscheinlich kennen Sie eine junge Mutter, die es selbst ein Jahr nach der Geburt ihres Kindes nicht schafft, wieder ihren Yoga-Kurs zu besuchen.

Wie heißt das Zauberwort?
Wie aber schaffe ich mir den nötigen Freiraum? Das erste Zauberwort heißt loslassen, das zweite heißt planen.

Loslassen: Befreien Sie sich z.B. von dem Gefühl, nur Sie könnten Ihr Kind zum Schlafen bringen. DEM IST NICHT SO! Befreien Sie sich von den Gewissensbissen, Ihr Kind für fünf Stunden der Obhut des Vaters zu überlassen. ER SCHAFFT DAS!

Planen: Vereinbaren Sie einen Termin mit ihren Freunden so rechtzeitig, dass Sie eine gute Betreuung für Ihr Kind organisieren können. Planen Sie einen kleinen Zeitpuffer ein, damit die Übergabe in aller Ruhe geschehen kann. Und stellen Sie sich darauf ein, dass Ihr Kind evtl. lautstark protestieren wird, wenn Sie loswollen. GEHEN SIE TROTZDEM!